Wenn der ersehnte Ruhestand zur Krise wird

Wenn der ersehnte Ruhestand zur Krise wird

11.08.2014

Aktuelles: Wenn der ersehnte Ruhestand zur Krise wird

Copyright © MediClin Dr. Michael Unger

Endlich jede Menge Zeit, aber nichts damit anzufangen: Der psychosomatische Chefarzt Dr. Michael Unger erklärt, warum bei manchen Menschen der Abschied vom Berufsleben das ganze Leben aus dem Takt bringt – und was dann hilft.

Jeden Tag bis zur Rente hatte Dieter M. gezählt. Endlich Abschied vom Termindruck, vom Ärger mit den Mitarbeitern, endlich ausschlafen und mehr gemeinsame Zeit mit seiner Frau. Jetzt ist der 65-Jährige frühere leitende Angestellte wenige Monate im Ruhestand und versteht die Welt nicht mehr: Sein Blutdruck spielt verrückt, ihn quälen Rückenschmerzen – und das, obwohl der Stress doch eigentlich weg ist. Auch seiner Ehefrau fällt auf, dass ihr Mann wortkarg und schnell gereizt ist und nichts mit sich anzufangen weiß.

Warum fallen manche in ein Tief?

„Der Eintritt in den Ruhestand ist ein Einschnitt im Leben, den man nicht unterschätzen sollte“, erklärt Dr. Michael Unger, Chefarzt der Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie am MediClin Reha-Zentrum am Hahnberg in Bad Wildungen. „Bei manchen Menschen löst dieser Umbruch psychische Probleme bis zu Depressionen aus.“ Dass dann die Seele den Körper als Sprachrohr nutzt und wie bei Dieter M. Schmerzen und Herz-Kreislaufbeschwerden auftreten, sei besonders für ältere Menschen typisch.

Warum aber fallen manche in ein seelisches Tief, während andere mit der neu gewonnen Freiheit aufblühen? „Viele denken, dass ganz von alleine alles besser wird, wenn der Arbeitsstress wegfällt“, erklärt Unger. Das sei aber oft ein Irrtum - besonders dann, wenn man keine Anknüpfungspunkte für eine sinnvolle Beschäftigung hat. Kein Wunder also, dass gerade Menschen, die im Job sehr engagiert waren und neben dem Berufsleben kaum Zeit für Hobbies, Kontakte mit Freunden oder Unternehmungen mit der Familie hatten, mit dem Renteneintritt buchstäblich vor dem Nichts  stehen. „Wenn Sie immer nur ein Standbein hatten, um Ihre Kreativität und Energie auszuleben, dann haben Sie ein Problem, wenn dieses plötzlich weg ist.

So können Partner oder Kinder helfen – und wann ist professionelle Hilfe wichtig

Eine solche Situation belastet auch die Angehörigen. Diese überfordern sich oft selbst beim Versuch, dem unglücklichen Ruheständler zu helfen. „Es hilft nicht, mit immer neuen Ratschlägen auf den Betroffenen einzureden“, sagt Unger. „Ein drängendes ´mach doch dies oder mach das´, stößt meist auf Ablehnung.“ Was aber helfen könne, sei ehrliches Interesse. „Geben Sie Anregungen. Erinnern Sie Ihren Partner zum Beispiel daran, was ihm früher Spaß gemacht hat.“

Wenn sich die Situation aber über eine längere Zeit nicht bessert, sollte man sich nicht scheuen, Hilfe beim Arzt zu suchen, rät Unger. Auch darauf können Angehörige hinweisen. Denn nur ein Fachmann kann beurteilen, ob hinter den Problemen eine behandlungsbedürftige Störung wie eine Depression steckt. „Auch bei körperlichen Problemen ist es kein Tabu, den Hausarzt auf mögliche psychische Ursachen anzusprechen.“ Professioneller Rat sei letztendlich auch wichtig, um die Angehörigen zu entlasten.

Große Lebenserfahrung ist Vorteil in Therapie

Wenn tatsächlich eine schwerwiegendere psychische Störung vorliegt, kann eine Psychotherapie helfen. Dass eine psychotherapeutische Behandlung älteren Menschen schlechter hilft als jüngeren, sei ein Vorurteil, so Unger. Die größere Lebenserfahrung können in der Therapie genutzt werden: Etwa, indem bei der Therapie zurückgeblickt werde, wie der Betroffene frühere Umbrüche im Leben bewältigt hat. Unger nennt ein Beispiel: „Wie hat man es geschafft, das Leben nach der Geburt des ersten Kindes umzustellen, nach dem Auszug des letzten Kindes oder nach einem beruflichen Wechsel? Was davon könnte auch in der aktuellen Situation helfen?“ Viele müssten nach einem Leben voller Arbeit erst ein Gefühl dafür entwickeln, wie sich Freizeit für sie gut anfühlt: Wie soll mein Tagesablauf sein? Was will ich gerne machen? Was macht mir wirklich Spaß? Mache ich gerne etwas in Gesellschaft, oder will ich eigentlich meistens meine Ruhe?

Manchen hilft eine stationäre Rehabilitation in einer psychosomatischen Fachklinik dabei, solche Frage mit therapeutischer Unterstützung zu klären. „Viele Betroffene finden hier die Ruhe, die sie brauchen, um eine Perspektive für den Ruhestand zu finden und Kraft für einen lebenswerten dritten Lebensabschnitt zu schöpfen.“

Dr. med. Michael Unger ist Chefarzt der Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie am MediClin Reha-Zentrum am Hahnberg sowie der MediClin Klinik für Akutpsychosomatik am Hahnberg in Bad Wildungen. 

 

Informationen:

Krise im Ruhestand - hier finde ich Hilfe

Der Hausarzt ist erster Ansprechpartner bei körperlichen und psychischen Problemen.  Dieser kann zur weiteren Abklärung an einen Facharzt überweisen oder eine Psychotherapie empfehlen. Der Hausarzt kann auch die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitation bescheinigen. Beste Voraussetzungen für eine Reha bietet eine Fachklinik, die auf den Bereich Alterspsychosomatik ausgerichtet ist.

Zwölf Fragen: Sind Sie bereit für den Ruhestand?

Wenn der geordnete Tagesablauf und die Kollegen als sozialer Kontakt wegfallen, kommt nach anfänglicher Urlaubsstimmung ein Stimmungstief. Sich über die Rentenvorsorge Gedanken zu machen, ist normal. Doch sind Sie auch auf den Ruhestand vorbereitet? Diese Fragen helfen Ihnen, sich darüber klar zu werden:

1. Was macht mir Spaß?
2. Was hat mir früher Freude bereitet?
3. Welche Hobbys könnte ich gemeinsam mit meinem Partner betreiben?
4. Welche Kontakte zu Freunden, Bekannten möchte ich gern beleben?
5. Was kann ich gut?
6. An welcher Stelle könnte ich meine Fähigkeiten einbringen?
7. Wo könnte ich mich engagieren?
8. Wo kann ich mir vorstellen, neue Kontakte zu knüpfen?
9. Was würde ich gerne noch lernen? (Sprachen, Handwerk, Kreatives, Garten etc.)
10. Welche Art von körperlicher Aktivität liegt mir?
11. Wie oft in der Woche möchte ich gerne sozialen Kontakt haben?
12. Wie kann ich meinen Tag, meine Woche strukturieren?

Über das MediClin Reha-Zentrum am Hahnberg und die MediClin Klinik für Akutpsychosomatik am Hahnberg Bad Wildungen

Zum MediClin Reha-Zentrum am Hahnberg gehören eine Fachklinik für Konservative Orthopädie mit einem Zentrum für Amputationsnachsorge sowie eine Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie, an die die MediClin Klinik für Akutpsychosomatik am Hahnberg angegliedert ist. In beiden psychosomatischen Kliniken wird das gesamte Spektrum der psychosomatischen Medizin behandelt. Hierzu gehören insbesondere Depressionen, Erschöpfungszustände, Angststörungen, Traumafolgestörungen und chronische Schmerzstörungen. Die Einrichtung verfügt über 307 Betten und beschäftigt 159 Mitarbeiter.

Über die MediClin:

Die MediClin ist ein bundesweit tätiger Klinikbetreiber und ein großer Anbieter in den Bereichen Neuro- und Psychowissenschaften sowie Orthopädie. Mit 34 Klinikbetrieben, sieben Pflegeeinrichtungen und elf Medizinischen Versorgungszentren ist die MediClin in elf Bundesländern präsent und verfügt über eine Gesamtkapazität von rund 8.100 Betten. Bei den Kliniken handelt es sich um Akutkliniken der Grund-, Regel- und Schwerpunktversorgung sowie um Fachkliniken für die medizinische Rehabilitation. Für die MediClin arbeiten rund 8.500 Mitarbeiter.

MediClin – ein Unternehmen der Asklepios-Gruppe

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