Vertrautes hilft Senioren bei Verwirrtheit im Rahmen von Krankenhausaufenthalten

Vertrautes hilft Senioren bei Verwirrtheit im Rahmen von Krankenhausaufenthalten

08.06.2015

Aktuelles: Vertrautes hilft Senioren bei Verwirrtheit im Rahmen von Krankenhausa

Copyright: Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und –psychotherapie (DGGPP) e.V.

Manche Menschen reagieren nach einem operativen Eingriff unter Narkose verwirrt, sind in ihrem Denken gestört und haben weitere kognitive Störungen. Vor allem ältere, gebrechliche Patienten sind besonders gefährdet, im Rahmen von Krankenhausaufenthalten ein so genanntes postoperatives Delir oder Durchgangssyndrom zu entwickeln. Angehörige können dann ein Stück weit dazu beitragen, den Betroffenen zu helfen, sich wieder zu Recht zu finden. „Beim postoperativen Delir handelt es sich um einen Verwirrtheitszustand, bei dem die Betroffenen beispielsweise nicht mehr wissen, wo sie sind. Oft sind sie auch zeitlich desorientiert und erkennen manchmal sogar ihre Familienmitglieder nicht mehr.

Neben Beeinträchtigungen des Gedächtnisses oder der Orientierung können auch Unruhezustände, Halluzinationen oder Wahnvorstellungen auftreten“, berichtet Priv.‐Doz. Dr. Martin Haupt, von der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und ‐psychotherapie (DGGPP) in Wiehl. „Als Auslöser für diese Symptome kommen zum einen medizinischen Komplikationen wie beispielsweise Flüssigkeitsmangel oder Nebenwirkungen von Medikamenten in Frage. Zum anderen spielt jedoch auch die unvertraute Umgebung im Krankenhaus, die zahlreichen Untersuchungen und die besondere Belastungssituation eine Rolle, die die Betroffenen in erheblichen Stress versetzten können.

Aber auch Reizüberflutung durch zu viele unbekannte Geräusche oder Personen im Umfeld sind mögliche Auslöser, ebenso wie Beeinträchtigungen im Bereich der Wahrnehmungen ‐ etwa wenn Betroffene ihre Brille oder ihr Hörgeräte nicht tragen.“ Bei manchen Patienten zeigt sich die Verwirrtheit sofort nach dem Aufwachen aus der Narkose, bei anderen kann sie auch erst nach mehreren Stunden oder Tagen auftreten. Gehäuft kommen die Verwirrtheitszustände nachts vor, wenn die Möglichkeiten zur Orientierung besonders eingeschränkt sind.

Betroffene bei ihrer Orientierung unterstützen

Abhängig vom individuellen Zustand des Betroffenen, können verschiedene Maßnahmen dazu beitragen, dass sich das Durchgangssyndrom zurückbildet. Neben den notwendigen medizinischen Maßnahmen sind insbesondere Schritte zur Stressreduzierung wichtig. „Betroffene Patienten sollten beispielsweise möglichst bald ihre Brille oder ihr Hörgerät wieder nutzen können – das erleichtert ihnen die Wahrnehmung und damit auch die Orientierung. Daneben ist Zuwendung und Beruhigung durch möglichst vertraute Gesichter hilfreich“, rät Dr. Haupt. „Es geht darum, den betroffenen Menschen in der ungewohnten Umgebung Sicherheit und eine Gefühl der Verankerung zu vermitteln sowie auch Ängste abzubauen.

Um dies zu gewährleisten, können auch Kleinigkeiten hilfreich sein, wie beispielsweise ein Bild der Familienangehörigen oder persönliche Gegenstände des Betroffenen in seiner Nähe. Auch eine Uhr und ein aktueller Kalender auf dem Nachttisch helfen, die Orientierung zu halten.“ Angehörige können zudem die verwirrten Menschen über Neuigkeiten der Nachbarn oder über Familienereignisse informieren, um Gefühle von Isolation abzubauen und Betroffenen das Zurückfinden in die Realität zu erleichtern.

Ein Durchgangssyndrom kann sich in zwei unterschiedlichen Formen zeigen. In den meisten Fällen liegen die betroffenen Patienten ruhig im Bett und wirken apathisch, sind gleichzeitig desorientiert.

Bei einem anderen Teil der Betroffenen entwickelt sich ein sogenanntes hyperaktives Delir, das mit ausgeprägter psychomotorischer Unruhe einhergeht. Betroffene neigen dann dazu, ihre Verbände abzureißen oder das Bett verlassen zu wollen, was das Risiko von Stürzen birgt. „Problematisch ist ebenfalls, dass bei älteren Menschen die vorübergehende Orientierungslosigkeit und Unruhe als Demenz fehlinterpretiert werden kann. Der Einsatz von beruhigenden Psychopharmaka kann die Problematik dann weiter verschärfen“, ergänzt der Gerontopsychiater. „Daher ist es wichtig, dass
Angehörige sich mit den behandelnden Ärzten austauschen, um die Vorgeschichte zu klären und dabei Verhaltensauffälligkeiten anzusprechen, die unter Umständen bereits vor dem operativen Eingriff bestanden.“

Delirzustände sind unter älteren Patienten im Krankenhaus sehr häufige Komplikationen in der Akutbehandlung. Bei den 65‐Jährigen weisen etwa 20 Prozent bei Krankenhausaufnahme ein Delir auf, wobei sich dieses Krankheitsbild in der Regel während des Krankenhausaufenthalts entwickelt. Man schätzt, dass etwa ein bis zwei Drittel der Delire unerkannt bleiben. Ein Durchgangssyndrom kann sich wieder völlig zurückbilden. Bei manchen Patienten kann dies innerhalb von Tagen erfolgen. Bei anderen verbessert sich der Zustand erst im Laufe der Zeit – manchmal erst nach Monaten im vertrauten häuslichen Umfeld.

Quelle und weitere Informationen: www.psychiater‐im‐netz.org bzw. http://www.neurologen‐undpsychiater‐im‐netz.org/psychiatrie‐psychosomatik‐psychotherapie/risikofaktoren/alter/psychischeerkrankungen/akute‐verwirrtheit‐delir/

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