"Däumlinge" aus dem 3D-Drucker schützen Gelenke

"Däumlinge" aus dem 3D-Drucker schützen Gelenke

24.07.2014

Aktuelles:  "Däumlinge" aus dem 3D-Drucker schützen Gelenke

Maßgeschneiderte Montagehilfe aus dem 3D-Drucker - Copyright © Bild / Fotograf: BMW Group

Doktorandin der TUM entwickelt flexible Montagehilfen

Von allen Fingern wird der Daumen bei der Fahrzeug-Fertigung am meisten beansprucht. Auf ihm lastet im wahrsten Sinne des Wortes jeden Tag ein sehr hoher Druck. Christin Hölzel, Doktorandin am Lehrstuhl für Ergonomie der Technischen Universität München (TUM), hatte eine Idee: Eine Unterstützung für Daumen, durch die die Belastung auf die Gelenke sinkt. Von den Bandarbeitern im BMW Group Werk München gab es ein erstes "Daumen hoch" für diese Erfindung, die dort in einem Pilotprojekt eingesetzt wird.

Mehr als viermal so viel wie die anderen Finger leisten die Daumen während der manuellen Fertigung. Ein Beispiel ist die Fahrzeugmontage. Hier werden Dichtstopfen aus Gummi mit hohem Kraftaufwand in das Bodenblech gedrückt. Sie verschließen unter anderem Ablauflöcher für den Karosserielack.

Das Eindrücken der Stopfen kann den Daumen stark belasten. Herr Prof. Veit Senner vom Fachgebiet Sportgeräte und Sportmaterialien am Lehrstuhl für Ergonomie erklärt: "Jeder kann sich vorstellen wie ein Reißnagel mit großer Kraft in die Wand gedrückt wird. Der Daumen biegt sich nach hinten und das vordere Gelenk ist überstreckt." Beim einmaligen Anbringen eines Reißnagels ist das noch unbedenklich - doch die Arbeiter im BMW Group Werk München wiederholen die Bewegung mehrere hundert Mal. "Mit der Zeit kann so das Gelenk Schaden nehmen", sagt Senner.

Exoskelett schont Daumengelenk

Christin Hölzel untersucht bei der BMW Group im Rahmen ihrer Dissertation am Lehrstuhl für Ergonomie die Belastungen solcher Arbeitsprozesse. Dabei arbeitet sie unter anderem an Lösungen, wie physiologische Belastungen im Bereich der Finger und Handgelenke verringert werden können. Eine erste Lösung für den Daumen ist ein flexibles Exoskelett aus Kunststoff, das die Überstreckung des vorderen Daumengelenks verhindert.

Damit das Hilfsmittel von den Arbeitern akzeptiert wird, darf es bei den anderen Tätigkeiten nicht stören. An den Daumengelenken ist die Montagehilfe daher unterbrochen. Man kann den Daumen so immer noch frei bewegen. Auf der Rückseite hingegen ist das Kunststoffmaterial in einer dickeren Schicht aufgetragen. Wird der Daumen ausgestreckt, stoßen verstärkte Elemente aneinander und bilden eine stabile Schiene. Dadurch wird die Kraft, die zum Eindrücken des Stopfens nötig ist, auf den gesamten Daumen bis hinunter zur Handwurzel verteilt.

Individuelle Montagehilfen aus dem 3D-Drucker

Da kein Daumen wie der andere ist, sind die sogenannten Orthesen individuell angepasst. Dazu wird die Anatomie der Hand eingescannt und die Montagehilfen mit dem 3D-Drucker ausgedruckt. Montagearbeiter im BMW Group Werk München haben die Orthesen bereits getestet – das Feedback war positiv.

In der nahen Zukunft wird Hölzel mittels Computermodell und -simulation klären, wie stark die Montagehilfe die Last auf das Daumengelenk verringert. Ausschließen will die Ingenieurin auch, dass vielleicht ein anderes Gelenk nun stärker beansprucht wird.

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