Was oder wem können wir noch glauben? Wissenschaft kritisch betrachtet

Was oder wem können wir noch glauben? Wissenschaft kritisch betrachtet

10.06.2025

Aktuelles: Was oder wem können wir noch glauben? Wissenschaft kritisch betrachte

Foto von Julia Koblitz auf Unsplash

In einer Welt, die von Wissenschaft und Technologie geprägt ist, könnte man meinen, dass wir auf eine solide Basis an Wissen und Vertrauen bauen. Wissenschaftliches Denken verspricht eine objektive Auseinandersetzung mit der Realität durch Fakten und Argumente. Doch jüngste Entwicklungen zeigen, dass dieses Vertrauen möglicherweise fehlerhaft ist. Ein Großversuch aus Brasilien hat ergeben, dass 8 von 10 wissenschaftlichen Studien bei einer Wiederholung nicht standhalten. Diese alarmierende Erkenntnis wirft Fragen auf: Was oder wem können wir noch glauben?

Die Ergebnisse des „Brasil Reproducibility Initiative“ (BRI) sind erschütternd. Über einen Zeitraum von sechs Jahren wurden zahlreiche wissenschaftliche Studien analysiert, um ihre Reproduzierbarkeit zu überprüfen. Die Erkenntnisse sind besorgniserregend: Viele der untersuchten Studien wiesen entweder falsche oder geschönte Daten auf. Ein Großteil der Zahlen war so glatt und wenig variabel, dass sie eher wie ein Kunstwerk als eine wissenschaftliche Untersuchung wirkten. Diese „Schönfärberei“ könnte das Vertrauen in die Biomedizinische Forschung, aber auch in andere Bereiche der Wissenschaft ernsthaft erschüttern.

Ein zukunftsweisender Aspekt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen, ist die Frage der Finanzierung und der Auftraggeber dieser Studien. Oftmals wird die Integrität einer Studie durch ihre Geldgeber in Frage gestellt. Wer hat die Studie in Auftrag gegeben? Wer hat sie bezahlt? Diese Fragen betreffen alle Bereiche der Wissenschaft, einschließlich der Medikamentenentwicklung, Ernährungsempfehlungen und physiologischen Forschung. Es ist von entscheidender Bedeutung, Transparenz in diesem Prozess zu gewährleisten, um sicherzustellen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse unabhängig und unvoreingenommen sind.

Ein Beispiel für diese Problematik ist die Pharmaindustrie. Die Entwicklung von Medikamenten erfordert enorme finanzielle Mittel, und häufig sind es die großen Unternehmen, die die Studien fördern. Dies kann zu Interessenkonflikten führen, die sich in der Art und Weise widerspiegeln, wie Studien durchgeführt werden und welche Ergebnisse präsentiert werden. Wenn ein Unternehmen ein neues Medikament finanziert, besteht das Risiko, dass negative Ergebnisse nicht veröffentlicht oder abgeschwächt werden, während positive Ergebnisse übermäßig hervorgehoben werden. Solche Praktiken untergraben die Glaubwürdigkeit der gesamten medizinischen Forschung.

Ähnlich verhält es sich im Bereich der Ernährungsempfehlungen. Oftmals sind es Organisationen, die von bestimmten Industrien unterstützt werden, die unsere Ernährungsrichtlinien festlegen. Wenn eine Studie zeigt, dass ein bestimmtes Nahrungsmittel gesund ist, könnte dies die Verkaufszahlen erheblich steigern. Gibt es jedoch Hinweise darauf, dass diese Studien von der Industrie beeinflusst wurden, könnte unser Vertrauen in die Empfehlungen erheblich sinken.

Die Physiologie ist ein weiteres Feld, das unter diesen Zweifeln leidet. Wenn grundlegende Studien zur menschlichen Gesundheit nicht reproduzierbar sind, wie sollen wir dann fundierte Entscheidungen über unser eigenes Wohlbefinden treffen? Die Gesundheitsversorgung basiert auf Evidenz und Wissenschaft – und wenn diese Evidenz wackelig ist, haben wir ein ernstes Problem.

Es wird immer deutlicher, dass Wissenschaft ohne Kontrolle nicht als legitime Wissenschaft angesehen werden kann. Peer-Reviews, also die Überprüfung von Studien durch unabhängige Experten, sind unverzichtbar, um sicherzustellen, dass die Forschungsergebnisse tatsächlich haltbar sind. Der Druck, forschungsbasierte Ergebnisse zu liefern, kann dazu führen, dass Wissenschaftler sich gezwungen fühlen, ihre Resultate anzupassen oder zu beschönigen, um ihre Karriere voranzutreiben. Diese „Veröffentlichungs-Bias“ kann dazu führen, dass nur die erfolgreichsten und positivsten Ergebnisse veröffentlicht werden, während negative oder nicht-reproduzierbare Studien in der Schublade verschwinden.

Ein weiteres Problem ist die Komplexität der wissenschaftlichen Fragestellungen selbst. Die meisten wissenschaftlichen Studien sind so konzipiert, dass sie sehr spezifische Fragen beantworten. Wenn sich die zugrunde liegenden Annahmen ändern oder neue Variablen ins Spiel kommen, kann das zu völlig anderen Ergebnissen führen. Somit ist es wichtig, dass Wissenschaftler bereit sind, ihre Hypothesen kontinuierlich zu hinterfragen und zu überprüfen.

Was können wir also tun, um unsere Glaubwürdigkeit gegenüber wissenschaftlichen Studien zu bewahren? Zunächst einmal müssen wir kritisch bleiben. Wir sollten uns immer fragen, wer die Studien finanziert und welche Interessen auf dem Spiel stehen. Transparente Informationen über die Finanzierung und die Hintergründe der Studien sollten für alle zugänglich sein.

Darüber hinaus müssen wir die Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen stärken. Initiativen wie die BRI sind ein Schritt in die richtige Richtung, denn sie zeigen, dass Wissenschaft nicht nur aus der Präsentation von Ergebnissen besteht, sondern auch aus der Fähigkeit, diese Ergebnisse zu überprüfen und gegebenenfalls zu widerlegen.

Wissenschaft ohne Kontrolle ist keine Wissenschaft. Dies sollte als Aufruf zur Verbesserung und zur Rückkehr zu den Grundprinzipien von Ehrlichkeit, Integrität und kritischem Denken verstanden werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind nur dann wertvoll, wenn wir bereit sind, sie auf die Probe zu stellen und für Transparenz zu kämpfen.

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