Die 10 häufigsten Irrtümer bei Knieschmerzen

Die 10 häufigsten Irrtümer bei Knieschmerzen

27.06.2014

Aktuelles: Die 10 häufigsten Irrtümer bei Knieschmerzen

Copyright: © obs/AGA Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie/Dirima/Fotolia

Bei der Behandlung von Knieproblemen lassen sich Betroffene zu häufig von eigenen Fehleinschätzungen leiten. Dauerhafte Schmerzen und langfristige Schäden im Knie können die Folge sein. In Deutschland führende Orthopäden und Gelenkchirurgen der AGA, der größten europäischen Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie, gehen verbreiteten Irrtümern auf den Grund und erläutern medizinische Sachverhalte hinter den häufigsten Knieverletzungen und Verschleißer-scheinungen.

1. „Wenn ich nach dem Sport Knieschmerzen habe, schmiere ich ein schmerzlindernde Salbe drauf und gut ist.“

Bei leichten vorübergehenden Beschwerden können lokale Salbenanwendungen und Kühlung des betroffenen Gelenkes durchaus helfen. Wenn die Beschwerden jedoch anhalten oder beim Sport regelmäßig wieder auftreten, sollte eine Abklärung durch einen Spezialisten erfolgen. Dazu gehört eine Schilderung des Beschwerdebildes, eine klinische Untersuchung und auf jeden Fall auch eine bildgebende Abklärung mit Röntgen und eventuell MRT.

2. „Ich habe gelesen, Dehnen nach dem Sport soll gar nicht gut sein. Dann dehne ich jetzt lieber nicht mehr.“

Dehnungsübungen, Yoga, usw. erhöhen die Elastizität des Gewebes und verringern die Gefahr von Überlastungsschäden der Muskulatur und der Sehnen. Chronische Schmerzsyndrome am Kniegelenk wie das Patellaspitzensyndrom können dadurch vermieden werden. Daher sollte ein Sportler unbedingt Dehnungsübungen in sein Programm miteinbeziehen und sich vor dem Sport entsprechend aufwärmen. Erwiesen ist, dass die Muskulatur nicht nur nach Belastung sondern jederzeit gedehnt und damit positiv beeinflusst werden kann. Von orthopädischer Seite ist Dehnen daher auf jeden Fall zu empfehlen!

3. „Die Fußball-Stars sind oft schon 6 Monate oder früher nach einer Kreuzband-Operation wieder voll im Spieleinsatz. Das muss ich auch schaffen.“

Die Profi-Sportler arbeiten zum Teil mit anderen Voraussetzungen als wir „Normalmenschen“, aber es gibt auch bei ihnen Heilungsfaktoren, die sich einfach nicht beschleunigen lassen. Was also den Muskelaufbau und die Wiedererlangung der Koordinationsfähigkeit nach einer Operation angeht, sind Profisportler sicher im Vorteil – durch den körperlichen Zustand bereits vor der OP und die Möglichkeit zur intensivsten Nachbehandlung mit eigenen Physiotherapeuten und Reha-Trainern. Was allerdings die biologischen Faktoren, wie z.B. das Einheilen eines Kreuzbandtransplantates angeht, kann auch ein Profisportler einen Schreibtischtäter nicht überholen. Das braucht nun eben immer länger und ist nicht beeinflussbar. Der Profi geht dann eventuell ein kalkuliertes Risiko ein, wenn er sehr früh wieder auf dem Platz steht.

4. „Ich habe gehört, dass ein gerissenes Kreuzband immer operiert werden muss.“

Ob eine Kreuzband-Operation notwendig ist hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen von den persönlichen sportlichen und beruflichen Ansprüchen zum anderen von der subjektiven und objektiven Instabilität und auch der Vorschädigung des betroffenen Kniegelenkes. In den letzten Jahren haben Studien gezeigt, dass eine muskuläre Stabilisierung nach vorderem Kreuzbandriss nicht ausreichend möglich ist und eine Rotationsinstabilität des Kniegelenks verbleibt. Diese führt mittel- bis langfristig zu Sekundärschäden an den Menisken und am Knorpel des betroffenen Kniegelenks und damit zu einem vorzeitigen Gelenkverschleiß. Bereits 6 Monate nach vorderer Kreuzbandverletzung steigt dieses Risiko deutlich an. Deshalb wird vor allem Kindern und Jugendlichen sowie sportlich aktiven Erwachsenen eher zur Kreuzbandersatzoperation geraten. Die Altersgrenze nach oben muss hierbei individuell abgewogen werden. Auch ohne Kreuzband können kniegelenksschonende Sportarten wie Jogging und Radfahren meist problemlos durchgeführt werden. Ist der sportliche Anspruch jedoch höher, das heißt wenn der Patient auch wieder sportlich aktiv Skifahren oder Fußball spielen will, so spricht das eher für eine Operation.

5. „Eine Meniskus-Operation möchte ich unbedingt vermeiden, da sie ja eh nichts bringt.“

Sicher ist es richtig, eine Operation zu vermeiden, wenn sie nicht unbedingt notwendig ist. Einerseits spielen die eigenen Schmerzen und Einschränkungen im Alltag aber auch im Sport eine Rolle bei der Entscheidung. Aber auch die vorhergehende Diagnostik, z.B. mit einer Kernspintomographie ist entscheidend. Abgerissene und auch einklemmende Lappenanteile des Meniskus, die zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung führen, sollten falls möglich genäht oder sparsam entfernt werden. Andere Meniskusverletzungen können z.B. durch eine Naht oder auch ein Glätten der Oberfläche weitere Schäden verhindern und das so wichtige Meniskusgewebe besser erhalten als ohne Operation.

6. „Ich bin nach meiner Knie-OP wieder schmerzfrei und damit wieder voll belastungsfähig.“

Abwesenheit von Schmerz ist nicht das einzige Kriterium. Zusätzlich sollte das Knie wieder in vollem Umfang beweglich sein. Was aber noch wichtiger ist: erst nach Wiedererlangung der vollen muskulären Funktion mit einem guten Muskelaufbau des betroffenen Beines kann eine Rückkehr zur vollen sportlichen Belastung empfohlen werden. Durch gezielte physiotherapeutische Anleitung kann hier positiv Einfluss genommen werden.

7. „Je schneller ich mein Knie wieder normal belaste, desto beweglicher wird es wieder. Eine Gelenksteife wäre mein Alptraum“.

Prinzipiell ist ein rascher Beginn mit Physiotherapie nach einer Knieverletzung bzw. Operation immer von Vorteil. Entscheidend ist, dass krankengymnastische Übungsbehandlung schmerzfrei durchgeführt wird unter Beachtung einer vollen Kniegelenksstreckung und Kniescheibenmobilisierung. Dabei können viele Übungen nach entsprechender Anleitung vom Patienten selbständig zu Hause durchgeführt werden. Eine Gangschulung nach längeren Entlastungszeiten fördert die zügige Wiedereingliederung in den normalen Lebensalltag.
Es gibt jedoch Verletzungen, die unter Umständen eine längere Ruhigstellung oder Entlastung des betroffenen Gelenkes erfordern. Bitte folgen Sie daher immer den Empfehlungen, die der behandelnde Arzt mit Ihnen bespricht.

8. „Eine Knie-Arthroskopie kann nach neuesten Studienerkenntnissen meine Arthrose nicht verbessern, also unternehme ich lieber nichts.“

Zugegeben, es gibt Studien die die Zweckmäßigkeit einer Arthroskopie bei Arthrose des Kniegelenkes in Frage stellen. Man muss die Entscheidung ob eine Arthroskopie sinnvoll ist jedoch immer individuell treffen. So kann z.B. eine arthroskopische Entfernung von freien Gelenkskörpern oder mechanisch instabilen gerissenen Meniskusanteilen die zu Gelenksblockaden führen, durchaus zu einer Beschwerdelinderung führen. Wichtig ist hier ein ausführliches Arzt-Patienten-Aufklärungsgespräch, in dem die Ziele einer Arthroskopie genau definiert werden.

9. „Viele prominente Sportler wie Boris Becker haben nach starken Schädigungen Gelenkprothesen. Vielleicht sollte ich das für mein kaputtes Knie auch überlegen.“

Ob ein künstliches Gelenk notwendig ist, sollte man als Patient immer mit seinem behandelnden Orthopäden oder Unfallchirurgen besprechen. Entscheidend sind hier der persönliche Leidensdruck, Dauerschmerzen, die nur durch kontinuierliche Einnahme von Schmerzmitteln beherrscht werden können sowie eine zunehmende Einschränkung der Mobilität und Gehstrecke. Tatsächlich ist dank moderner Operationsmethoden auch mit Gelenksprothese eine moderate Sportausübung in den meisten Fällen möglich. Wichtig sind hier eine korrekte Implantation des Kunstgelenks, eine gute postoperative Rehabilitation sowie das Körpergewicht des Patienten. Ab wann und wie viel Sport erlaubt ist, hängt natürlich auch von anderen Faktoren wie allgemeiner Fitnessgrad und Körperbau ab. Generell werden mit einem künstlichen Kniegelenk vorrangig gelenkschonende Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Wandern usw. empfohlen, um eine möglichst lange Haltbarkeit der Prothese zu gewährleisten.

10. „Mein Knie ist seit ein paar Tagen dick und schmerzt stark, ohne dass irgendwas passiert wäre. Gicht kann es ja nicht sein, die tritt doch nur an den Füßen auf.“

Eine Gichtarthritis kann prinzipiell jedes Gelenk des Körpers betreffen. Am häufigsten ist hierbei das Großzehengrundgelenk betroffen. Nicht selten manifestiert sich eine Gicht und somit eine akute Entzündung aber auch am Kniegelenk. Gerade Personen, bei denen bereits eine Erhöhung der Harnsäurewerte bekannt ist, sollten also bei plötzlich auftretenden Knieschmerzen auch an die Möglichkeit eines Gichtanfalles denken. Der behandelnde Arzt kann den Verdacht mit Hilfe moderner Diagnostik und Punktion des betroffenen Gelenkes dann unter Umständen bestätigen und eine gezielte Behandlung durchführen.

 

AGA, Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie

Die AGA ist die größte europäische Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie mit derzeit mehr als 3.900 Mitgliedern. Die Ziele der AGA sind unter anderem Nachwuchsförderung, Weiterbildung, Standespolitik im Zusammenhang mit der Arthroskopie und Gelenkchirurgie, Sicherung und Kontrolle der Qualität und die Unterstützung und Finanzierung von wissenschaftlichen und klinischen Projekten. Die AGA hat ihren Sitz in der Schweiz.

Weitere Informationen unter: www.aga-online.de

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