Adipositas: Chirurgen legen erstmals einen Magenbypass bei einer Patientin im Klinikum

Adipositas: Chirurgen legen erstmals einen Magenbypass bei einer Patientin im Klinikum

10.09.2014

Aktuelles: Chirurgen legen erstmals einen Magenbypass

Oberarzt Dr. med. Claudius Jürgens im Gespräche mit der Patientin - Bild: Klinikum Dortmund

Der Moment war erhebend: Einige Wochen nach der OP saß Deborah S. nahe der Reinoldi-Kirche in Dortmund auf einer Schaukel für Erwachsene und schwang sich in die Höhe. Die Beine lösten sich von der Erde, die 27-Jährige hob ab. Unweigerlich lächelte sie, schien für einen Augenblick fast schwerelos. Sie, die seit ihrer Geburt übergewichtig war und dafür u.a. im Kindergarten gehänselt wurde. Sie, die bei einer Körpergröße von 1,63 m am Ende ihres Leidensweges sogar knapp 160 Kilo auf die Waage brachte. Vor ihrem Magenbypass wäre ein Schaukeln schlicht nicht denkbar gewesen. Doch Deborah S. wollte ihr Leben ändern und vertraute sich den Chirurgen des Klinikums Dortmund an, welche die Adipositas-Chirurgie neu im Haus etabliert hatten. Sie wurde hier die erste Patientin, der ein Magenbypass gelegt wurde.

Bei Deborah S. war es vor allem der „Süßhunger“, der ihr zu schaffen machte. Das heißt, dass vor allem die Süßigkeiten für das Gewicht verantwortlich waren. Bei anderen Patienten können es aber auch z.B. Kohlenhydrate in Pizza, Chips & Co. sein, die in rauen Mengen zur Fettleibigkeit führen. „Ich habe viele Diäten in meinem Leben schon hinter mir, wog zwischenzeitlich auch mal 80 kg. Doch dann kam immer wieder der Jojo-Effekt“, erinnert sich Deborah S. rückblickend. Deswegen beschloss sie, sich durch die Adipositas Sprechstunde des Klinikums Dortmund beraten zu lassen, bei der ihr zu einem Magenbypass geraten wurde.

„Dabei wird im Prinzip ein kleines Stück vom Magen genommen und am Dünndarm neu ‚verknüpft’ “, erklärt die Studentin anschaulich. Und genauso ist es: Ihr Magen wurde während des gut dreistündigen Eingriffs Anfang Juni vom Adipositas-Team der Chirurgischen Klinik (Chefarzt PD Dr. med. Mark Hartel, Oberarzt Dr. med. Claudius Jürgens, Oberarzt Dr. med. Ralf Nettersheim und Oberarzt Dr. med. Bernd Kroes) stark verkleinert und weiter unten am Dünndarm neu befestigt. Ziel dieser Verkleinerung und „Umleitung“ ist es zum einen, ein schnelleres Sättigungsgefühl zu erreichen, und zum anderen, die Aufnahme der Nahrungs-bestandteile über den Darm in den Körper zu erschweren. Auf diese Weise werden nur zwischen 30 und 40% aller Nährstoffe durch den Körper noch aufgenommen.

Die Operation war nun der letzte Schritt einer langwierigen, sogenannten „multimodalen“ Therapie. Die Studentin hatte zuvor zwei Reha-Maßnahmen hinter sich gebracht, ihre Ernährung umgestellt, ein psychologisches Gutachten eingeholt, Sportnachweise erbracht und sich umfangreich aufklären lassen, u. a. in der Selbsthilfegruppe, die der Adipositas Verband Deutschland e.V. im Klinikum Dortmund gegründet hatte. Die OP stand somit also am Ende einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die vorgeschrieben sind, wenn man einen Antrag auf Kostenübernahme für einen derartigen Eingriff bei der Krankenkasse stellen möchte Da dies allerdings einen Eingriff an einem gesunden Organ bedeutet, besteht keineswegs eine Garantie auf eine Übernahme durch die Krankenkasse. Jeder Antrag wird als Einzelfall (durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen) akribisch geprüft und dann erst eine Entscheidung getroffen. Vielen Betroffenen bleibt oftmals nur der Weg über den Widerspruch, weil ihre Krankenkasse den Eingriff nicht bezahlen will. Deborah S. hatte es durch sorgfältige Vorarbeit jedoch ihrer Kasse einfach gemacht und so einen positiven Bescheid gekommen.

Besonders aufgeregt war die Studentin, weil es für die 27-Jährige die überhaupt allererste OP ihres Lebens war: "Ich hatte so viele Fragen, die mir aber Dr. Kroes alle beantwortet hat. Ich habe mich von Anfang an sehr gut im Klinikum aufgehoben gefühlt.“

Nach der OP hat sie dann zwei Wochen lang nur flüssige Nahrung zu sich genommen, doch inzwischen kann sich die junge Frau wieder weitgehend normal ernähren. „Natürlich muss ich seither auch aufpassen und meine Ernährung umstellen“, sagt S. Die OP hilft nur am Anfang dabei abzunehmen. Die eigentliche Herausforderung besteht dann darin, das einmal erreichte Gewicht zu halten. „Es ist also nicht so einfach, wie einige mir in meinem Bekanntenkreis jetzt immer sagen: einmal operiert und dann nie wieder Sorgen“, so die junge Studentin.

Zudem muss die junge Frau ihr ganzes Leben lang extra Eiweiß und Vitamine (vor allem Vitamin B12) einnehmen, da diese durch die Operation nicht mehr in genügendem Umfang vom Körper aufgenommen werden können: „Aber ich sage mir: Lieber ein Leben lang für mich sorgen als später ein Leben voller Sorgen.“ Denn noch hatten sich bei Deborah S. nicht die klassischen Begleiterkrankungen adipöser Menschen wie Diabetes, Bluthochdruck etc. eingestellt. Sie hatte also die Operation genau zum richtigen Zeitpunkt gewählt – und würde es letztlich auch jedem empfehlen, der mit diesem Gedanken spielt und bei dem konventionelle Maßnahmen nicht mehr greifen können: „Wer Leidensdruck verspürt, sollte etwas dagegen tun.“

 

Treffen der Adipositas-Selbsthilfe-Gruppe im Klinikum Dortmund:

Jeden 2. Montag im Monat, nähere Informationen dazu: Telefon: +49 (231) 953 21971, e-Mail: cpm@klinikumdo.de

Chirurgische Bibliothek (1. Etage über dem Haupteingang, Ebene A11 ), Klinikum Dortmund, Klinikzentrum Mitte, Beurhausstraße 40, 44137 Dortmund

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