Demenz und Inkontinenz: Herausforderung der Zukunft – Patienten brauchen eine Lobby!

Demenz und Inkontinenz: Herausforderung der Zukunft – Patienten brauchen eine Lobby!

30.03.2016

Ratgeber: Demenz und Inkontinenz: Herausforderung der Zukunft

Bildquelle: Priv.-Doz. Dr. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik am Evangelischen Krankenhaus Witten

Wer an Demenz leidet, wird früher oder später auch an Inkontinenz erkranken. Doch eine erfolgreiche Behandlung erfordert eine sehr sorgfältige Diagnose, die aufwändig in der Durchführung ist und dem behandelnden ärztlichen- und Pflegepersonal eine Menge Geduld abfordert. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass die Finanzierung durch das Gesundheitssystem die Kosten dieser Befundung nicht deckt.

Priv.-Doz. Dr. Andreas Wiedemann, Chefarzt der Urologischen Klinik am Evangelischen Krankenhaus Witten und Experte für die Deutsche Kontinenz Gesellschaft, appelliert an die Gesundheitspolitiker: „Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist es unbedingt notwendig, ausreichende Mittel für eine angemessene Behandlung der Menschen, die dement und inkontinent sind, zur Verfügung zu stellen.“

Die Ursachen dieser beiden auf den ersten Blick ganz unterschiedlichen Krankheitsbilder sind im Grunde dieselben: Zerebrale Läsionen, die die Gedächtnisleistung beeinträchtigen, wirken auch auf die Steuerungsmechanismen der Blasenentleerung ein. So ist es zwar möglich, dass zunächst nur eine von beiden Erkrankungen auftritt. Doch bei fortschreitendem Verlust von Nervenzellen im Gehirn treten unweigerlich Dauerbeschwerden aus beiden Bereichen auf.

Große Erfolge mit Toilettentraining

Werden die beiden Symptome isoliert behandelt, ist es bei medikamentösen Therapien möglich, dass Interaktionen auftreten. So können Antidementiva Harntraktbeschwerden fördern; ZNS-gängige Antimuskarinika die Kognition beeinträchtigen. Werden die beiden Symptome isoliert behandelt, ist es bei medikamentösen Therapien möglich, dass Interaktionen auftreten.

So können Antidementiva, die gegen die Demenz wirken sollen, Harntraktbeschwerden fördern; ZNS-gängige Antimuskarinika, die den Harndrang regulieren, können die Kognition beeinträchtigen. Doch dem kann durch eine gut koordinierte, interdisziplinäre Behandlung vorgebeugt werden. Eine schwierige Aufgabe, aber sie ist zu bewältigen. Besonders die routinierte Umsetzung der aktuellen Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten“ ist eine wichtige Voraussetzung.

„Es ist erstaunlich, wie groß der Erfolg eines Toilettentrainings oder einer Verhaltensintervention sein kann. Auch das ist in der Leitlinie genau nachzulesen. Doch in vielen Fällen wird der Aufwand gescheut“, bedauert Priv.-Doz. Dr. Andreas Wiedemann.

Zertifizierte Kontinenz- und Beckenboden-Zentren bieten hohe Qualität

Garant für eine hohe Behandlungsqualität sind die von der Deutschen Kontinenz Gesellschaft zertifizierten Kontinenz- und Beckenboden-Zentren und ärztlichen Beratungsstellen. Hier sind Interdisziplinarität, große Behandlungserfahrung und ein hoher Weiterbildungsstandard Voraussetzung für die Verleihung des Zertifikats.

Patienten und Angehörige finden hier Ansprechpartner, die es gewohnt sind, die vielfältigen Ursachen von Inkontinenz fächerübergreifend zu betrachten und zu behandeln. „Es ist verständlich, dass niedergelassene Ärzte ihre Patienten gern an die kompetenten Kontinenz- und Beckenboden-Zentren überweisen.

Denn die abrechenbaren Fallpauschalen sind für eine kleine Praxis in so aufwändigen Fällen ruinös. Doch damit ist das Problem nur verlagert. Es ist an der Zeit, eine Lobby zu schaffen, die für diese Patienten eintritt und vorausschauend Lösungen für diese zukünftige, gesellschaftliche Herausforderung findet“, fordert Priv.-Doz. Dr. Andreas Wiedemann.

Wenn im Jahr 2040 nach Prognosen des statistischen Bundesamtes zwischen 25 und 30 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein wird, sollte das Gesundheitssystem vorbereitet sein: In der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen leiden über 50 Prozent an Harntraktbeschwerden, wobei rund 30 bis 40 Prozent eine Harninkontinenz beklagen. Ebenfalls für 2040 sagt die WHO voraus, dass Demenz die zweithäufigste Todesursache sein wird.

 

Weitere Informationen:

· S1-Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten“: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/084-001.html

· Bundesweite Kontaktdaten der zertifizierten Beratungsstellen  und Kontinenz- und Beckenboden-Zentren: http://www.kontinenz-gesellschaft.de/Beratungsstellen-Zentren.6.0.html

· Allgemeine Informationen/ Patientenbroschüren: http://www.kontinenz-gesellschaft.de

 

Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V. hat es sich als gemeinnützige, medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft seit 1987 zur Aufgabe gemacht, Inkontinenz aus der Tabuzone zu holen und  den Weg frei zu machen für eine verbesserte Diagnose, Behandlung und Prävention von Harn- und Stuhlinkontinenz. Dafür steht bundesweit ein interdisziplinärer Expertenrat aller betroffenen Fachrichtungen zur Verfügung. Mit der Zertifizierung von ärztlichen Beratungsstellen sowie Kontinenz- und Beckenboden-Zentren und der Veranstaltung von Fortbildungen trägt die Deutsche Kontinenz Gesellschaft maßgeblich zur Qualitätssicherung in der Behandlung und Beratung von Menschen mit Inkontinenz bei.

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